23.05.08

Internet-Lokus
Japanische Toiletten entwickeln sich zu Zentren der medizinischen Früherkennung. Der nächste Trend besteht in der Netzanbindung dieser HighTech-Lokusse.
Der nächste Internet-Wachstumsmarkt Japans sind laut der New York Times weder PDAs noch PCs, sondern Toiletten mit Internet-Zugang. Was zunächst albern klingt, hat einen durchaus ernstzunehmenden Hintergrund.
Japan ist für seine ausgefeilteToilettentechnologie bekannt und oft genug wird dies sogar als Toilettenkult bezeichnet. Kein Wunder, denn manche Entsorgungsanwendung leuchtet im Dunkeln, spielt Musik, oder begrüßt den Toilettenbesucher mit erregt auf und ab wippendem Deckel beziehungsweise einem lauten Luftstoss aus der integrierten Klimaanlage.
Die Hintergründe dieser etwas skurrilen kulturellen Besonderheit sind unklar. Ein zitierter Marketing-Manager geht aber davon aus, dass die Bedeutung der Toilette etwas mit dem japanischen Familienleben zu tun hat. Die Toilette ist möglicherweise der einzige Ort, an dem ein Japaner wirklich ganz alleine sein kann.
Die zunehmende technologische Aufrüstung der "Throne" wird dadurch aber nicht erklärt. Neuere Modelle jagen beispielsweise "milde" Stromstöße durch die Pobacken ihrer Benutzer, um den Fettgehalt des Gewebes zu bestimmen. Mechanische Arme entnehmen Urinproben und testen den Blut- Eiweiß- und Zuckergehalt.
Und die Ausweitung dieser medizinischen Tests liegt im Trend. Toiletten entwickeln sich zum heimischen Testlabor und der Direktor für "Heimanwendungen" beim Hersteller Matsushita geht davon aus, dass Internet-Zugänge bei diesen Geräten in spätestens fünf Jahren zum Standard gehören werden.
Diese Zugänge sollen es ermöglichen, die pro Sitzung ermittelten Daten unmittelbar an einen Arzt beziehungsweise dessen Computer zu übertragen. Die individuelle Zuordnung dürfte kein Problem sein, wo doch schon die ersten Anwendungen mit Spracherkennung und -steuerung entwickelt werden.
Das Hauptanwendungsgebiet dürfte dabei im geriatrischen Umfeld liegen. Auch in Japan steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung stetig und die Pflegeplätze sind weitgehend ausgelastet. Daher steigt auch die Zahl der in den eigenen vier Wänden betreuten älteren Bürger. Und für diese ist das medizinische Zentrum "Toilette" mehr als nur ein Gag. Durch den ständigen Vergleich der eingehenden Daten könnten die Toiletten sich zu einem wichtigen Instrument der Früherkennung entwickeln.
Allerdings sehen japanische Datenschützer diese Entwicklung weniger optimistisch. Sie erwarten, dass die japanischen Strafverfolger ebenfalls ein Interesse an Früherkennung haben. Dieses Interesse gilt aber weniger dem Blutzucker oder -eiweiß.
Das Interesse der Polizei gilt nach Meinung der Kritiker vielmehr verbotenen Substanzen, die ebenfalls im Urin beinhaltet sein können. Ein Internet-Anschluss am Örtchen könnte der Polizei dann bei der Verortung der Täter helfen.
Quelle: Intern.de - Fachinformationsdienst